Pressemitteilung
Wie unsere Medikamentenversorgung gesichert werden kann
Hochaktueller Vortrag des gesundheitspolitischen Sprechers der ÖDP Bayern
Rot, rot, rot, - alle Felder auf rot. Keine Lieferung verfügbar, bei keinem der drei Großhändler in Deutschland! So stellte sich im Herbst 2022 die Situation Apotheker Wolfgang Reiter immer häufiger dar. Nicht nur bei Husten- und Fiebersäften von Kindern, sondern zunehmend auch bei Medikamenten von Erwachsenen.
Zunächst Ignorieren und Beschwichtigen
Dabei hatte sich die Problematik schon im Frühjahr 2022 angebahnt, hatten die Kinderärzte damals schon eine Hilferuf an die Politik gerichtet, aber es kam keine Reaktion. Apotheker Reiter wandte sich im Oktober 2022 ein erstes Mal an Bundesgesundheitsminister Lauterbach und wurde beschwichtigt. Es gäbe gar keine Lieferengpässe, sondern nur eine „zeitliche Lieferverzögerung“ hieß es aus Berlin. Aber die Lage verschärfte sich weiter: Vor Weihnachten und um den ersten April 2022 gab es in ganz Deutschland überhaupt keine Antibiotika für Kinder mehr. Die Folge waren teuere Importe der Apotheker aus dem benachbarten Ausland, die die Krankenkassen zu bezahlen hatten, um überhaupt eine Versorgung mit einigen Medikamenten sicherstellen zu können.
Reiter: Kinder haben keine Lobby im Bundestag!
Vor allem bei Kinderarzneimitteln ist seit Mai 2022 (!) die Versorgung mit Fiebersäften, Antibiotika und Durchfallmitteln nur noch sehr eingeschränkt möglich. Erst Ende April 2023 (!) bestätigte das Gesundheitsministerium offiziell den Versorgungsengpass bei Kinderantibiotika bei der 2. Anfrage von Apotheker Reiter. Das heißt: Die Versorgung mit Kindern wird von der Politik nicht ernst genommen! Dagegen wurde auf den Lieferengpass beim Krebsmittel „Tamoxifen“ im Jahr 2022 sofort reagiert: Es wurden Sonderzulassungen für den Import aus der Schweiz und Tschechien erlassen, um die zeitnahe Versorgung von Frauen zu gewährleisten. Bei Kinderarzneimitteln ist jetzt nach einem Jahr immer noch nichts passiert! Kinder haben offenbar keine Lobby im Bundestag.
Situation ist ein Ergebnis verfehlter Sparpolitik
Apotheker Reiter rechnete nun in seinem weiteren Vortrag gnadenlos mit den regierenden Parteien ab: Die Lieferengpässe bei Arzneimitteln sind hausgemacht durch die dilettantische Arbeit der Gesundheitsminister der letzten 15 Jahre, von SPD, FDP und CDU.Mit der Einführung von Rabattverträgen wurde das Preisniveau von Arzneimitteln in Deutschland für viele Bereiche niedrig gehalten. Die Krankenkassen sprechen von Einsparungen von 10% pro Jahr durch die Mechanismen des freien Marktes und der Rabattverträge. Das bewirkte am Ende mit über 39.000 Verträgen pro Jahr in Deutschland eine enorme Bürokratie. Was aber alle übersehen haben: Werden die Preise zu niedrig, verdienen die Hersteller nichts mehr daran und steigen aus der Produktion aus. Bei Kinderarzneimitteln hat sich das so entwickelt und es gibt für manche Präparate nur noch zwei oder drei Hersteller, was die Versorgungssicherheit extrem gefährdet.
Rabattverträge: Ein Menschenversuch mit ungewissem Ausgang
Reiter wies auch darauf hin, dass die Rabattverträge zu ständigem Wechsel der Hersteller führen und damit die Gefahr von Verwechslungen von Arzneimitteln vor allem bei älteren Patienten ständig steige. Dieses Problem potenziere sich mit den ständigen Ausfällen bei den Rabattarzneimitteln. Außerdem sind die Rabattverträge dafür verantwortlich, dass mittelständische Hersteller von Großkonzernen aufgekauft wurden und jetzt nicht mehr zur Verfügung stehen. Das Nicht-mehr-Vorhandensein von deutschen Produktionsstätten ist die konsequente Folge der Politik der Gesundheitsminister Ulla Schmidt (SPD), Philip Rösler und Daniel Bahr (FDP), Hermann Gröhe und Jens Spahn (CDU) und Karl Lauterbach (SPD). In den letzten 15 Jahren wurde ein funktionierendes System der Arzneimittelversorgung konsequent an die Wand gefahren. So wurde unsere Medikamentenversorgung immer mehr gefährdet und es entstand eine Mangelwirtschaft, die die Krankenkassen bisher offenbar nicht interessierte.
Die Verquickung von Politik und Großkonzernen verhindert eine sinnvolle Politik
Reiter verwies darauf, dass die momentanen Steigerungen bei den Arzneimittelausgaben in erster Linie von sogenannten Hochpreis-Artikeln entstehen. Das sind Arzneimittel, die für seltene Krankheiten entwickelt wurden wie Krebsmittel, Immunsuppressiva und ähnliches. Sie führen zu Kosten in Höhe 5000 – 20.000 Euro im Quartal und genießen in der Regel Patentschutz, so dass die Hersteller die Preise selbst bestimmen können. Diese werden von den Großkonzernen wie Pfizer und MSD, USA oder Roche, Schweiz angeboten. Firmen die auch gerne Parteitage von CDU, SPD, FDP und Grünen sponsern. Interessanterweise werden diese sogenannten „Hochpreiser“ bei Spargesetzen immer ausgenommen.
Abhilfe nur durch die ÖDP
Apotheker Reiter empfahl als Abhilfe die Wahl der ÖDP bei den kommenden Wahlen. Die ÖDP ist die einzige Partei, die keine Konzernspenden annimmt und daher unabhängig von Großkonzernen ist. Die ÖDP fordert die Abschaffung der Rabattverträge, die Senkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel und die Stärkung der inhabergeführten Apotheke. Außerdem ist die ÖDP in Bayern auch die einzige Partei, die mit Volksbegehren auch zwischen den Wahlen erfolgreich ist. Das zeigen die erfolgreichen Volksbegehren für einen Nichtraucherschutz (2010) und „Rettet die Bienen“ (2019), aber auch die erfolgreichen Münchner Bürgerbegehren „Raus aus der Steinkohle“ (2017) und „Grünflächen erhalten“ (2023). Deshalb ist Apotheker Wolfgang Reiter auch selbst in die Politik gegangen und vertritt heute die ÖDP im Kreistag von Erding und als gesundheitspolitischer Sprecher in Bayern.
Am Schluss bedankte sich Oliver Sperber vom ÖDP Kreisverband ganz herzlich für den umfassenden Vortrag in lockerer Atmosphäre. Gerade für ihn als Familienvater waren es doch einige neue Informationen und einiges neue Hintergrundswissen. Deshalb setzt sich Sperber bei seiner Kandidatur für den Landtag auch schwerpunktmäßig für die Sicherung der Gesundheitsversorgung ein. Das heißt, Sicherung der ländlichen Krankenhäuser und Apotheken durch einen notwendigen Systemwechsel. Und der kann nur durch die unabhängige ÖDP gelingen, die frei ist Lobbyismus und Konzernspenden.